Wettbewerbsrecht: Keine Freiland-Fotos für Schweine aus Stallhaltung


Prozess der Verbraucherzentrale Brandenburg gegen NETTO-DISCOUNT / EDEKA


Haltungsform der Schweinehaltung muss angemessen auf Verpackungen dokumentiert werden


Seit dem Tönnies Skandal in Rheda-Wiedenbrück ist die Massenschlachtung und der bedenkenswerte Verzehr von Schweinefleisch wieder einmal verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch selbstverständlich hat diese Lebensmittelbranche auch vor Corona-Zeiten immer wieder Möglichkeiten gefunden, die Öffentlichkeit über Tatsachen der Schweinehaltung zu täuschen.

 

Die Verbraucherverbände engagieren sich seit Jahren dafür, dass gesetzliche Mindeststandards für die Stall-Haltung von Schweinen eingehalten werden und die Haltungsform der Tiere unmissverständlich klar und deutlich auf den Verkaufsverpackungen abgebildet werden.

 

  • Die niedrigste Haltungsform enthält die Ziffer „1" und steht bei Schweinen für die am meisten bedenkenswerteste Art der Stallhaltung mit wenig Platz für die Tiere. Die angebotenen Produkte enthalten auf der Verpackung einen roten Button als Warnung für die Verbraucher. 
  • Die Haltungsform „2“ steht für „StallhaltungPlus", die den Tieren etwas mehr Platz im Stall gewährt, abgebildet mit einem blauen Button auf der Verkaufspackung. 
  • Haltungsform „3“ (Außenklima) steht für Stallhaltung mit noch mehr Platz und zusätzlichem Raum, beispielsweise mit einem überdachten Außenbereich am Stall. Die Verpackung enthält einen Button in der Farbe Orange. Diese Haltungsform setzt zudem voraus, dass die Tiere kein Futter verzehren, welches gentechnisch verändert wurde.
  • -Die beste Haltungsform „4“ (premium) wird durch einen grünen Button auf der Verpackung kenntlich gemacht. Diese Haltungsform weist darauf hin, dass die Schweine unter diesen Haltungsformen den meisten Platz im Stall haben und ein tatsächlicher Auslauf im Freien möglich ist. Das Futter darf gentechnisch nicht verändert sein und ist gegebenenfalls Biofleisch. Konventionell erzeugtes Fleisch erhält nur den grünen Button, wenn die Tierhaltung den oben angegebenen Voraussetzungen entspricht. 

 

In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Landgerichtes Nürnberg ein Beispiel dafür, mit welchen Tricks die Branche arbeitet, um sich in Öffentlichkeit besser darzustellen, als es ihr gebührt. Das Landgericht Nürnberg hatte einen Fall unrechtmäßiger Werbung des Netto Marken-Discount zu entscheiden, einer Tochter der Edeka-Gruppe. Die Verbraucherzentrale Brandenburg hatte außergerichtlich das Unternehmen abgemahnt. 

 

Der Vorwurf

Auf den Verkaufsverpackungen des Schweinefleisches war zwar die niedrigste Stufe „1“ angegeben. Zusätzlich war auf den Verpackungen jedoch auch ein Foto enthalten, welches Schweine auf einer grünen Wiese darstellte.

 

Nach der Abmahnung hatte das Unternehmen das Tierhaltungskennzeichen Stufe „1“ auf der Verpackung entfernt. Das Foto mit den Schweinen auf der grünen Wiese war jedoch weiterhin deutlich sichtbar auf den Verpackungen angebracht. Daraufhin hat die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht Nürnberg auf Unterlassung geklagt, mit Erfolg!

 

Das Gericht gab der Klage statt mit der Begründung, dass das abgebildete Foto bei den Verbrauchern einen völlig falschen Eindruck erweckt und darüber hinwegtäuscht, dass die Tiere tatsächlich unter den Bedingungen der niedrigsten Stufe gehalten werden. Das abgebildete Foto dagegen soll die Verbraucher offensichtlich annehmen lassen, dass die Tiere „zumindest zeitweise Zugang zu einem Außengehege erhalten". Die Haltungsform unter der niedrigsten Stufe „1“ hat jedoch zum Inhalt, dass die Schweine gerade keinen Auslauf im Freien haben, sondern nur eingeengt im Stall gehalten werden.

 

Das wettbewerbswidrige Verhalten des beklagten Unternehmens wird wohl kaum mit einem Versehen zu begründen sein. Vielmehr zeigt es auf, dass Verkaufsstrategien angewendet werden, die den Verbraucher täuschen und illegal sind.

 

Quelle: Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Brandenburg vom 29. April 2020