Wenn der zahlende Vater nicht der leibliche Vater ist  …

Hin und wieder sind ungewöhnliche, selbst außergewöhnliche höchstrichterliche Entscheidungen für geübte Juristen zwar noch nachvollziehbar, dem juristischen Laien dagegen schlicht nicht mehr zu vermitteln. Um einen derartigen Fall im Familienrecht geht es hier.

 

Das Bundesverfassungsgericht hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

 

ein Ehemann erfuhr einige Jahre nach der Geburt seiner Tochter von seiner Ehefrau, dass er möglicherweise nicht der leibliche Vater seiner Tochter ist. Nachdem das Paar sich ein Jahr später trennte, hat der Vater nochmals einige Jahre später erfolgreich seine Vaterschaft angefochten. Selbstverständlich hatte er die Jahre über für seine Tochter auch finanziell gesorgt.

 

Es ist allgemein rechtlich anerkannt, dass in der Folge der zahlende Vater gegenüber dem leiblichen Vater Unterhaltsansprüche rückwirkend geltend machen kann.

 

Im konkreten Fall war dem zahlenden Vater jedoch die Identität des leiblichen Vaters nicht bekannt. Die Mutter wollte ihm nicht offenbaren, wer der leibliche Vater ihrer Tochter ist.

Der zahlende Vater machte gegenüber der Mutter Auskunftsansprüche geltend und verfolgte diese gerichtlich. Mit anderen Worten: die Mutter sollte verurteilt werden, dem zahlenden Vater den Namen des leiblichen Vaters mitzuteilen.

 

Der zahlende Vater hat sowohl vor dem zuständigen Amtsgericht als auch in der nächsten Instanz vor dem Oberlandesgericht das Verfahren gewonnen. Eine Auskunft der Mutter erfolgte jedoch nicht, denn sie legte gegen die OLG-Entscheidung Verfassungsbeschwerde ein.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat durchaus überraschend zugunsten der Beschwerdeführerin entschieden.

 

In der Entscheidung nimmt das Gericht auch Bezug auf ähnliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in der Vergangenheit, welche einen Auskunftsanspruch des zahlenden Vaters aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB prinzipiell bejahen.

 

Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass darüber hinaus ein entsprechender Auskunftsanspruch des zahlenden Vaters gegenüber der Mutter keine gesetzliche Grundlage hat.

 

Im konkreten Fall überwiegt nach Ansicht des Gerichtes entgegen der vorinstanzlichen Entscheidungen das Persönlichkeitsrecht der Mutter. Es sei ihr nicht zuzumuten, gegenüber dem zahlenden Vater Auskünfte zu erteilen, welche Rückschlüsse auf Details ihrer Intimsphäre und ihres Geschlechtslebens enthalten. Dies gelte auch für Einzelheiten zu geschlechtlichen Beziehungen zu einem oder mehreren oder bestimmten Partnern.

 

Letztlich sei nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes auch kein Raum vorhanden, derartige Fälle mithilfe richterlicher Rechtsfortbildung zu entscheiden. Notwendig wäre vielmehr die Initiative des Gesetzgebers.

 

Dem ehemals zahlenden Vater wird damit die Möglichkeit genommen, unrechtmäßig gezahlte Unterhaltsbeträge vom dem leiblichen Vater erstattet zu bekommen.  

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts aus März 2015 (1 BvR 472/14)